Sonntag, 18. Oktober 2009
Killerspiele, Jugendstrafrecht, Politik und anderer Aktionismus
Sogenannte Killerspiele rufen, ähnlich wie Straftaten durch Jugendliche, allerhand seltsame und interessante Aktionen, Gesetzesinitiativen und Vorstöße ins Leben.
Eine neuere Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, Killerspiele aus den Wohnzimmern zu verbannen. Die Aktion ist einfach erklärt. Am vergangenen Samstag wurde in der Stuttgarter Innenstadt ein Container nebst Infostand aufgebaut. Ziel der Aktion war es, möglichst viele Killerspiele zu sammeln und vernichten.
Jugendschutz spielte freilich bei der Gestaltung der Werbeplakate für die Aktion keine Rolle, schließlich wollte man provozieren. Nur so lassen sich Waffen und Blutspritzer, sowie ein blutiger Handabdruck in der Gestaltung des Plakats erklären, die sicherlich gerade jüngere Kinder verstört haben werden.
Die Aktion selbst lässt sich indes nur als Fehlschlag betiteln. Der Container erwies sich nach Beendigung der Aktion als geringfügig überdimensioniert - ein Eimer hätte ausgereicht. Der Einwurf von zwei Spielen durch einige Kinder wurde deswegen medienwirksam inszeniert, der Wurf selbst musste mehrfach wiederholt werden.
Im Aufruf wurde darauf hingewiesen, dass Spiele betroffen sein sollen, bei denen das Töten von Menschen simuliert wird. Da hierunter streng genommen auch Schach fallen würde, wurde von den Betreibern verlautbart, dass Schachspiele dennoch nicht angenommen würden. Begründet wurde der Schritt damit, dass hier lediglich Bauernfiguren, jedoch keine Bauern getötet werden sollen. Eine interessante Differenzierung, im Umkehrschluß geht man bei der Durchführung derartiger Veranstaltungen dann nämlich offenbar davon aus, es würden bei Videospielen kleine, in der Konsole lebende, Menschen getötet.
Verschärfung des Jugendstrafrechts
In eine ähnliche Kategorie fällt die von der Koalition beschlossene Verschärfung des Jugendstrafrechts. Das Höchststrafmaß (für Mord) soll auf 15 Jahre angehoben werden, zudem soll neben Bewährungsstrafen ein sogenannter Warnschußarrest verhängt werden können.
Abgesehen von der in diesem Zusammenhang außerordentlich gelungenen Terminologie "Warnschuß", die bereits eine gewalttätige Auseinandersetzung impliziert, bestehen auch weitere Bedenken.
Eine Erhöhung der Obergrenze der Haftdauer wird keine Straftaten verhindern. Dies würde eine kalte Kalkulation voraussetzen, die gerade bei Straftaten Jugendlicher nicht ernsthaft angenommen werden kann. In diesem Punkt muss es bei der Beurteilung bleiben, dass lediglich die konsequente Ausschöpfung der bereits vorhandenen Möglichkeiten einen Erfolg in der Sache herbeiführen könnte, bloße Strafrahmenänderungen werden sicher keine Tat verhindern.
Einen Warnschußarrest neben Jugendstrafe zur Bewährung zu verhängen ist dagegen nicht nur unsinnig, sondern geradezu absurd. Dem Jugendstrafrecht liegt ein Erziehungsgedanke zugrunde. Dieser führt im Ergebnis dazu, dass Bewährungsstrafen im Jugendstrafrecht eher selten verhängt werden, da diese für den Jugendlichen nicht spürbar sind, er faktisch straffrei bleibt. Insofern liegt der Überlegung, ausnahmsweise doch auf auf eine Bewährungsstrafe zurückzugreifen, eine Abwägung des Einzelfalles zugrunde, die zum Ergebnis führt, dass dem Jugendlichen diese "Strafe" bereits als Denkzettel ausreicht. Ein derartiges Abwägungsergebnis dann mit einem Warnschussarrest zu verbinden würde also bedeuten, zunächst festzustellen, dass Haft nicht notwendig ist, nur um im nächsten Moment die Notwendigkeit von Haft als Warnschussarrest festzustellen. Dieser Ansatz lässt mit Spannung auf die Kreativität des urteilenden Strafrichters bei der Begründung einer solchen Kombination blicken. Es wird aber sicherlich einige Verrenkungen erfordern, eine saubere Begründung zu finden.
Zu bedenken ist auch die negative Wirkung einer solchen Maßnahme auf die Entwicklung eines gerade günstig prognostizierten Bewährungstäters. Insgesamt sollte das Hauptaugenmerk nicht zwingend immer nur auf Strafmaß und Härte liegen, sondern die Erziehung stützen. Deutlich werden die tatsächlichen Versäumnisse am Fall Kassandra. Der 14-jährige Täter, vor der Tat verhaltensauffällig geworden, erhielt nicht etwa Unterstützung, schließlich hatte sich seine Persönlichkeit massiv verändert. Was er bekam war Hausverbot im Spieletreff.
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