Montag, 18. Oktober 2010

Mehr Tatort Internet

Das Umstrittene Format "Tatort Internet" schafft es derzeit nicht aus den Schlagzeilen.

Einer der durch die Sendung überführten und angeprangerten "Täter", der Leiter eines Kinderdorfes, wird bereits seit Freitag vermisst. Es wird befürchtet, dass er sich etwas angetan hat.

Überraschend an dem Vorgang ist, dass sich der jetzt in der Sendung veröffentlichte Vorfall bereits vor einigen Monaten ereignete und der Sender dennoch davon absah die Behörden darüber in Kenntnis zu setzen, dass ein schwerwiegender Verdacht im Zusammenhang mit einem Kinderdorfleiter besteht. Um Gefährdungen für Kinder und Jugendliche auszuschließen wäre natürlich schnelles Eingreifen wünschenswert gewesen. Weshalb also von dem Konzept des reinen Kinderschutzes in diesem Fall abgewichen wurde, wäre natürlich interessant.

Währenddessen ermittelt übrigens die Medienaufsicht, ob nicht etwa Verstöße gegen den Jugendschutz vorliegen.

Zu Guttenberg ist empört, wie sich Medienexperten,Juristen und Journalisten offensichtlich auf die Seite der Täter stellen statt die Opfer zu schützen. Wieder ein Totschlagargument, wenn es juristisch zu kompliziert zu werden droht.

Dabei scheint sie jedoch die absoluten Grundsätze der Rechtstaatlichkeit zu vergessen, die auch Til Schweiger nicht zu kennen scheint, auch wenn er glaubt, sich dringend in die aktuelle Diskussion einschalten zu müssen.

Er fragt nach Beifall für die Sendung und einem Aufschrei über diese "widerlichen armseligen" Schweine. Er fragt also, warum von Pranger, Hexenjagd und Privatsphäre gesprochen wird. Wollen wir doch kurz auf einige Probleme hinweisen.

RTL II spricht selbst davon, dass nicht sicher ist, dass die gezeigten Verhaltensweisen in allen Fällen strafbar sind, also eine Behörde das Gezeigte nicht verfolgen würde und könnte. Ist es damit also gerechtfertigt, wenn ein Fernsehsender "Strafbarkeitslücken" in Eigenregie bestimmt und ahndet? Sollte die Beurteilung von Strafbarkeit nicht besser beim Gesetzgeber, die Anwendung bei den Gerichten verbleiben? Dass Exekutive, Legislative und Judikative vereint auf einen wütenden Mob nicht die beste Lösung ist, sollte doch bekannt sein.

"Täter" werden nebst ihrer Legende öffentlich in der Sendung präsentiert, die Bevölkerung versucht ganz offensichtlich, die Akteure zu enttarnen und öffentlich zu verfolgen. Was wäre also, wenn dort ein mittelprächtiger Schauspieler als Täter präsentiert würde, der leicht nuschelt? Was, wenn nun ein Zuschauer auf die unhaltbare Idee kommt "Möööönsch, das ist doch der Schweiger aus dem Fernsehen!", obwohl er nicht der gezeigte ist? Folgenreicher Irrtum, Kollateralschaden und bedauerliches Einzelschicksal auf einem guten Weg.
Schon wäre das Format Karrierekiller für einen unschuldigen Schauspieler, weil Dämme gebrochen sind, die besser nicht brechen sollten. Die Einschätzung des Formates von Herrn Schweiger wäre sicher eine etwas andere. und das zu Recht, die Gefahren überwiegen den Nutzen, speziell bei diesem Reizthema.


Womit Til Schweiger jedoch sein Statement abschließt ist alternativlos: Redet mit Euren Kindern und klärt sie über mögliche Gefahren auf.

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