Ein ständiger Streitpunkt zwischen Käufern und Verkäufern auf Auktionsplattformen wie etwa ebay, ist die der Transaktion nachgeschaltete Bewertungsmöglichkeit. Während bisher Käufer mit der sog. negativen Bewertung eher zögerlich umgingen, führte eine Veränderung der Bewertungsbedingungen auf der Plattform ebay zu neuem Mut bei der negativen Bewertung. Früher befürchteten Käufer bei Abgabe einer negativen Bewertung die Rachebewertung, die jedoch nach den neuen Bedingungen nicht mehr möglich ist. Käufer können schlicht nicht mehr negativ bewertet werden.
Diese eigentlich postive Änderung der Bedingungen führt allerdings dazu, dass oftmals unverblümt über die Transaktion geschrieben wird. Das natürlich häufig zum Leid des Verkäufers, der sich - teilweise gerichtlich - gegen aus seiner Sicht ungerechtfertigte Bewertungen zur Wehr setzt und Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüche erhebt.
Ein solcher Anspruch ist indes umstritten.
Eine erste Orientierung kann ein Urteil des LG Köln bieten. In dem Verfahren war die Bewertung "Nie, nie, nie wieder! Geld zurück, ware trotzdem einbehalten - frech & dreist!!!" zu prüfen.
Das Gericht verneinte einen Anspruch auf Löschung.
Die Bewertung sei aus zwei Elementen zusammengesetzt, nämlich der - in diesem Fall wahren - Tatsachenbehauptung, die Ware sei trotz Zahlung einbehalten worden und der Meinungsäußerung der Bewertung. Eine wahre Tatsachenbehauptung ist aber nicht angrreifbar, die Meinungsäußerung dürfe nur die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten. Das sei aber nicht geschehen, da im Zeitalter der Reizüberflutung nach Auffassung des Gerichts auch eine "einprägsame Formulierung" zulässig sei. Als Leitsatz der Entscheidung könnte man anführen, dass die Behauptung wahrer Tatsachen keinen Löschungsanspruch begründet.
(Landgericht Koeln, Urteil v. 10.06.2009 - Az.: 28 S 4/09)
In einem anderen Fall bejahte das AG Erlangen einen Löschungsanspruch.
Der Kläger wandte sich gegen den Wortlaut "Also ich und ein Freund würden hier ganz bestimmt nichts mehr kaufen, sorry!!" einer negativen Bewertung, welche noch vor Bezahlung durch den Beklagten abgegeben wurde.
Das ansonsten nur aus positiven Bewertungen bestehende Profil fiel durch die Bewertung auf 98,5% ab, die Klägerin befürchtete zukünftig nicht mehr im gleichen Maße verkaufen zu können. Das Gericht nahm in diesem Falle eine Nebenpflichtverletzung des Beklagten an.
Als Schuldverhältnis wurde der Kaufvertrag angenommen, die Nebenpflicht wurde in der Abgabe einer fairen und sachlichen Bewertung gesehen, wie sie aus den AGB hervorgeht, die zwar nicht zwischen den Parteien unmittelbar, aber aufgrund des Nutzungsvertrages mit ebay dennoch mittelbar als Vertragsgrundlage gelten.
Zwar war das Verhalten des Verkäufers, der Klägerin, nicht freundlich, es wurde schließlich bei der Nachfrage des Beklagten nach den Kontodaten lediglich auf die hinterlegten Daten verwiesen, ohne dass auf die Probleme des Beklagten beim Abruf berücksichtigt wurden. Dennoch hielt das Gericht eine negative Bewertung dieses Wortlautes für nicht gerechtfertigt. Die negative Bewertung an sich wurde nicht beanstandet, mit anderem Wortlaut hätte die Bewertung also sehr wahrscheinlich Bestand haben können. Allerdings war nach Ansicht des AG Erlangen die Formulierung so allgemein gehalten, dass jede Interpretationsmöglichkeit offenstand, also auch schlechte Ware, betrügerisches Verhalten usw. in Betracht kamen. Diese Formulierung war zu allgemein.
Das AG Erlangen widersprach damit ausdrücklich dem AG Koblenz, welches in einer Entscheidung vom 07.04.2004 (Az. 42 C 330/04) festgestellt hatte, dass ebay als Meinungsplattform alle Meinungen zu einer Transaktion zulasse. Nach Ansicht des AG Erlangen ist jedenfalls die Meinung so klar zu formulieren, dass sie die durch die AGB von ebay verlangte Sachlichkeit gewährleistet. Damit stellt das AG Erlangen eine zusätzliche Voraussetzung auf, die ggf. zu beachten ist.
Unabhängig von den bei den Gerichten unterschiedlich angenommenen Darlegungs- und Beweislastregeln, sollte der Nutzer des Bewertungssystems sich des Risikos einer unwahren, unsachlichen oder schmähenden Äußerung beewusst sein und aus Sicherheitsgründen möglichst nah am Sachverhalt beschreibend bewerten. Geht man insoweit mit dem AG Koblenz konform und berücksichtigt diese schärfste Form der Bewertungsregelung mit dem Zusatzerfordernis der Sachlichkeit, was derzeit zu empfehlen ist, steht einer rechtssicheren Bewertung nichts mehr im Wege.
Festzuhalten bleibt jedoch, dass aus einer einmaligen Bewertungsmöglichkeit die Wiederholungsgefahr regelmäßig nicht folgen kann, Unterlassungsansprüche also nicht bestehen.
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